Es muss eine gemeinsame Vision erarbeitet werden, in der alle Beteiligten integriert sind.

Dr. Wolfgang Schildorfer, Forschungsprofessor für Verkehrslogistik und Mobilität an der FH Steyr, spricht im Interview mit Fluidtime über die Herausforderungen, Ziele und Erfolge von MaaS-Projekten.

Fluidtime: Um im Bereich der nachhaltigen Mobilität Erfolge zu erzielen, ist es besonders wichtig Allianzen zwischen der Stadt, dem Land und den privaten Unternehmen zu schaffen. Wie lässt sich dabei die Balance halten zwischen den verschiedenen – und eventuell mit Konfliktpotenzial behafteten – Interessen der einzelnen Parteien?

Schildorfer: Es gibt nicht die Stadt, das Land und die privaten Unternehmen. Es gibt immer ausschließlich Menschen, welche in den einzelnen Einheiten zuhause sind. Hier stoßen dann individuelle Interessen, Einstellungen und Meinungen aufeinander. Das macht den Entscheidungsprozess so komplex. Zudem gibt es selten einen Konsens darüber, was nachhaltige Mobilität bedeutet und welche Gesichtspunkte dabei im Vordergrund stehen. Ökologie, Ökonomie und soziale Aspekte – all das müssen wir einbinden. Die größte Hürde liegt also zu Beginn darin, gemeinsame „Pin Points“ zu finden und zu eruieren, welchen Herausforderungen alle gegenüberstehen. Sind es der steigende Verkehr und die erhöhte CO2-Belastung? Sind es die täglichen Arbeitswege, die privaten Reisen oder doch etwas ganz anderes?

Diese gemeinsamen Herausforderungen muss man für alle Stakeholder finden. Erst dann ist es möglich, Projekte mit einer gemeinsamen Zielsetzung zu starten. Selbstverständlich muss man dabei alle Stakeholderinteressen sammeln, doch nicht immer können alle Interessen zu 100 Prozent umgesetzt werden. Hierbei kommt es auf politische Entscheidungsträger an, die gewisse Rahmenbedingungen schaffen und Regeln definieren. Nicht alle Maßnahmen zu nachhaltiger Mobilität lassen sich wirtschaftlich positiv abbilden. Daher wird es eine Umverteilung geben müssen, um auch nicht wirtschaftliche Services – wie On Demand Services – betreiben zu können.

Fluidtime: Gab es ein Projekt, bei dem die Vermittlung und Kommunikation zwischen den einzelnen Parteien gut funktioniert hat?

Schildorfer: Bei dem Pilotprojekt Domino OÖ gab es eine klar definierte gemeinsame Herausforderung – die tägliche Verkehrssituation im Zentralraum von Oberösterreich. Hier fahren viele Menschen jeden Tag mit dem Auto nach Linz in die Arbeit und erleben dabei täglich Stausituationen. Hier hat die Kommunikation der Stakeholder und die Vermittlung zwischen der öffentlichen Hand sowie den Umsetzungspartnern exzellent funktioniert. Die größte Hilfe dabei war ein früh ausgearbeitetes Konzept, um an den Gemeinsamkeiten zu arbeiten.

Fluidtime: Welche Ratschläge würden Sie anderen Projekten und Ökosystemen mit auf den Weg geben, die gerade in den Startlöchern stehen oder noch an der Ausarbeitung des Konzeptes basteln?

Schildorfer: Ich kann keine konkreten Ratschläge geben, sondern nur von meinen eigenen Erfahrungen sprechen. Es ist immer wichtig, gemeinsame Herausforderungen festzuhalten und alle Stakeholder sehr rasch an einen Tisch zu bringen. Man muss eine gemeinsame Vision erarbeiten, in der alle Beteiligten integriert sind. Die erarbeiteten Umsetzungsmaßnahmen und die jeweiligen Aufgaben müssen klar verteilt werden. Zudem ist eine Bereitschaft zur Flexibilität enorm wichtig, um auf sich ständig verändernde Mobilitätsherausforderungen reagieren zu können. Bei allen Projekten sollte von Beginn an langfristig und vorausschauend gedacht werden.

Wolfgang Schildorfer als Vortragenden des Fluidtime MaaS Symposiums live erleben

Beim 6. Fluidtime MaaS Symposium wird Wolfgang Schildorfer gemeinsam mit Lina Moßhammer (WiM – Women in Mobility) und James Lancaster (EHI) am Podium der dritten Session „Solution Alliances“ teilnehmen. Gemeinsam werden sie sich der Frage stellen, wie man Allianzen für gemeinsame Mobilitätslösungen bilden kann und wie sich dabei Eigeninteressen und Gemeinwohl verbinden lassen. Das 6. Fluidtime MaaS Symposium findet vom 16.-17. September 2021 in Wien statt. Sie wollen Wolfgang Schildorfer persönlich kennenlernen? Dann registrieren Sie sich hier für die Teilnahme am MaaS Symposium. Für Schnelle gibt es derzeit noch attraktive Early-Bird-Raten!

Über Wolfgang Schildorfer

Dr. Wolfgang Schildorfer ist Professor für Transport & Logistik an der FH Oberösterreich – University of Applied Sciences Upper Austria – Campus Steyr. Er engagiert sich in diversen Projekten, wie „Active8“, „VW goes Binnenschiff“, „Domino OÖ“ und viele weitere. Die stetigen Ziele dabei sind, Mobilität nachhaltig zu gestalten und den Schutz vulnerabler Verkehrsteilnehmer*innen zu garantieren.

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